Wie laufen die Modelle ab?

Teil II: Vergleich von Neoklassik, der keynesianischen Einkommen-Ausgabenmodell-Familie und dem EEWCO-Modell mit einfachem Geld.

Modellablauf im EEWCO-Modell


Im EEWCO-Ansatz sind alle Vorgänge in ein Vorher und Nachher einzureihen. Zudem ist die Dauer der Vorgänge zu definieren. Die zeitliche Grundstruktur wird durch ein Raster von Zeitpunkten festgelegt.

Im Beispielmodell besteht das Zeitraster aus Monaten (Monat 1, Monat 2, Monat 3, usw.). Das Beispielmodell ist so konstruiert, dass in jedem Monat dieselbe Abfolge von Aktivitäten ausgeführt wird. Für die Dauer der angegebenen Prozesse nehme ich an, dass sie in einem Monat stattfinden. Es gibt auch monatsübergreifende Dauern in dem Modell: Ein Modellmensch lebt beispielsweise 960 Monate. Eine Übersicht über die Abfolge der Aktivitäten innherhalb eines Monats stellt die folgende Abbildung dar:

eewco_ablauf_1

Diese grobe Abfolge wird für das Simulationsprogramm genauer spezifiziert. Nacheinander werden alle benötigten Ablaufroutinen aufgerufen. Das sieht dann wie folgt aus:

eewco_ablauf_2

eewco_ablauf_3

eewco_ablauf_4

Ich habe die detaillierte Ablaufliste gezeigt, um sichtbar zu machen, wie viele Details in einem prozessabbildenden Modell zu regeln sind. Außerdem ist zu sehen, das viele verschiedene Prozesse explizit im Modell abgebildet sind und nachvollzogen werden können.

 

Ablauf im neoklassisches Modell

Ein Blick auf die Gleichungen des Neoklassischen Modells aus Teil I offenbart: Es gibt keinen Ablauf. Es gibt einen Zeitpunkt sonst, nichts.

Was macht die Neoklassik mit den Prozessen? Wie kommt sie zur Bestimmung des Gleichgewichts? Und werden die Prozesse, die zum Gleichgewicht führen nicht formal dargestellt? Ich habe zwei Ansätze gefunden.

Der Gütermarkt und die Annahme langfristiger Gravitation

Ich lese bei Felderer/Homburg (2005, S.51ff) nach, und hoffe auf die verbale Darstellung eines Anpassungsprozesse, mit dem dann die Gleichungen und das Gleichgewicht des Modells begründet werden. Ich finde:

  • Es gibt den Glauben an die unsichtbare Hand, die zum Gleichgewicht der Preise führt.
  • Es wird ein Prozess dargestellt, wie Gütermärkte zu einem Gleichgewichtspreis tendieren: Mehr Nachfrage als Angebot führt dazu, dass sich die Nachfrager überbieten und die Anbieter die Möglichkeit haben, die Preise zu erhöhen. Eine empirische Untersuchung zu den verschiedenen Märkten einer Wirtschaft wird nicht angeführt.
  • Es wird angenommen, dass auch in der Gesamtwirtschaft langfristig eine Entwicklung hin zum Gleichgewicht erfolgt. Das Gleichgewicht auf den Gütermärkten wird als Gravitationszentrum bezeichnet.

Die nächsten Schritte zum Modell sind die folgenden:

  • Es wird nur 1 Gut Y abgebildet.
  • Es wird angenommen, das Geld keine Rolle spielt. Lohn und Zins werden in dem Gut Y bezahlt.
  • Es wird eine „typische makroökonomische Vereinfachung“ vorgenommen und nur 1 Haushalt und nur 1 Unternehmen dargestellt.

Welche Prozesse werden also wie dargestellt? Es gibt den Anpassungsprozess auf einem Gütermarkt (Besteht ein Nachfrageüberhang, überbieten sich die Nachfrager und die Anbieter können die Preise erhöhen). Dann wird angenommen, dass auch die Gesamtwirtschaft zu einem Gleichgewicht tendiert. Dann wird das Geld herausgenommen und das Modell auf 1 Gut beschränkt. Herauskommt ein Modell mit einem Arbeitsmarkt, auf dem als Lohn das produzierte Gut gezahlt wird.

Die Frage, die ich mir stelle: Was hat das mit Prozessen der Wirtschaft zu tun?

Der Walrasianische Auktionator

Es gibt einen Zweig der neoklassische Theorie, der sich Theorie des allgemeinen Gleichgewichts nennt. In den Modellen der Theorie des allgemeinen Gleichgewichts wird nicht nur 1 Zeitpunkt, sondern auch fortlaufende Zeitpunkte betrachtet. Auch Haushalte mit unterschiedlichen Nachfragefunktionen werden betrachtet. Wie ist der Ablauf in diesen Modellen? Der Ablauf in diesen Modellen ist das sogenannte Tatonnement des Walrasianischen Auktionators. Das geht so: Der Walrasianische Auktionator holt von allen Haushalten und allen Unternehmen über alle Märkte und allen Zeitpunkten die Angebots- und Nachfragekurven ein. Dann probiert er für jeden Markt einen Preis aus. Sind alle Märkte im Gleichgewicht, dann ist das die Lösung. Zu diesen Preisen wird dann getauscht. Ist einer der Märkte im Ungleichgewicht, dann probiert der Walrasianische Auktionator solange verschiedene Preise, bis alle Märkte über den gesamten Zeitraum im Gleichgewicht sind.

Ich frage die Vertreter der neoklassischen Theorie: Was soll damit untersucht werden?

Zusammenfassung: Das neoklassische Modell stellt im mathematisch unterstützen Modell ein Gleichgewicht dar oder eine Folge von Gleichgewichten. Die Gleichgewichte sind auf der Grundlage von Prozessen formuliert, die sich in meinem Weltbild nicht wiederfinden lassen.

 

Ablauf des IS/LM-Modells

Das IS/LM-Modell lässt sich so interpretieren, dass es eine Ausgaben-Einnahmen-Kette darstellt. Der Haushaltssektor gibt Geld aus oder spart es, die Unternehmen erzielen Erlöse, bezahlen damit Gewinne und Löhne, usw. Das heißt, es wird eine Abfolge dargestellt. Die Abfolge wird nicht in allen Darstellungen deutlich dargestellt. Wenn die Abfolge deutlich dargestellt wird, dann sind die Modellgrößen mit t und t+1 indiziert. Die Dauer der einzelnen Handlungen wird allerdings nicht angegeben und auch nirgends thematisiert.

 

Warum ist die Darstellung von Prozessen wichtig?

Die Darstellung von Prozessen ist wichtig, weil ich dann auch andere Prozesse darstellen kann. Auf diese Weise können wir diskutieren, welche Faktoren im Wirtschaftsprozess welche Rolle spielen. Auf den Punkt gebracht: Ohne Prozessdarstellung keine Diskussion und kein Erkenntnisfortschritt.

Beispiel 1: Zylus von Aufbau und Zusammenbruch

Das neoklassische Modell fußt auf der Annahme, dass die Gleichgewichtspreise das langfristige Gravitationszentrum darstellen. Was passiert, wenn ich annehme, dass es immer wieder Zyklen von Aufbau und Zusammenbruch gibt. Wie kann ich das analysieren? An der Stelle hilft die neoklassische Theorie keinen Schritt weiter, weil sie in ihrem Modell nur einen schlecht nachzuvollziehenden Prozess mit einem Gleichgewicht charakterisiert. Ich sehe nicht, wie ich das Verfahren für die „Aufbau und Zusammenbruch“-These wiederverwenden kann. Keine Diskussion also.

Und es steht zu befürchten: „Wer als Werkzeug nur einen Hammer hat, sieht in jedem Problem einen Nagel.“ Paul Watzlawick*

Beispiel 2: Der Markt für Immobilien

Der Markt für Immobilien ist dafür bekannt, dass es ab und an Blasen gibt. Ich will also den Markt für Immobilien in das Modell einbeziehen. Geht das?

Das keynesianische Modelle arbeitet nur mit Wertgrößen. Spezifische Qualitäten von Gütern passen nicht in den ausgearbeiteten Modellrahmen. Auch werden keine einzelnen Gütermärkte dargestellt.

Auch beim neoklassischen Modell sehe ich auch keinen Ansatzpunkt für eine Integration. Die Eigenschaft des Immobilienmarktes ist eine andere als die Eigenschaft des Gütermarktes, die dem Modell zugrunde liegt. Daher heißt es auch in diesem Fall wieder bei Null anfangen.

Beim EEWCO-Ansatz ist das Vorgehen klar: Ich kann von der Methodik her in das bestehende Prozessschema auch noch einen Markt für Immobilien einbauen. Ich muss dazu überlegen: Welche Eigenschaften haben die Immobilien? Gibt es einen Sekundärmarkt? Wer stellt sie wie her? Wer kauft sie warum? Was ist für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung wohl von Bedeutung? usw. Eine Menge Fragen, die auf der einen Seite einen großen Aufwand bedeuten aber auf der anderen Seite zum Verständnis des Immobilienmarktes beitragen.

 

Teil III: Wie wird Geld in den Modellen dargestellt?

zurück zu Teil I der Vergleichsreihe.
Mit Quellenangaben und weiterführenden Links.

 

FAQ

Ist die komparative Statik keine Prozessdarstellung?

Wozu die Prozessdarstellung im Modell – Ich kann mir den Prozess doch dazu denken?
 
 

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