Aktuelles Beispiel, in dem deutlich wird, dass die ökonomische Theorie für viele Ökonomen nichts mit der Wirklichkeit zu tun hat und auch nicht haben soll.
In einem Interview mit Peter Herrmann, Präsident des Bundesverbands Deutscher Volks-und Betriebswirte, Harsche Kritik am Bachelor-Studium für Ökonomen – „Der Eliteanspruch geht verloren“ finde ich folgende Passage:
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„Und was ist mit den Inhalten? Kritiker monieren eine anhaltende Dominanz von neoklassischen Methoden und eine Überbetonung der Mathematik in den VWL-Lehrplänen.“
„Da bin ich gespalten. Natürlich hat die Frage der Realitätsnähe und praktischen Umsetzbarkeit ökonomischer Forschung enorm an Bedeutung gewonnen. Das muss sich in Forschung und Lehre widerspiegeln. Gerade die zentrale Frage, wie sich die Nationalökonomie vor dem Hintergrund von Globalisierung und Digitalisierung verändert, lässt sich nicht wie eine Rechenaufgabe beantworten. Anderseits ist es für Ökonomen extrem wichtig, das theoretische Rüstzeug zu besitzen. Man muss mit dem wissenschaftlichen Instrumentarium umgehen können. Und das ist nun mal anspruchsvoll, das kann man nicht schnell im Internet nachlesen.“
Das heißt doch: Das Umgehen mit den wissenschaftlichen Instrumentarium widerspricht der praktischen Umsetzbarkeit. Herr Herrmann sieht da einen Gegensatz. Sollte nicht eine gute Theorie die Praxis stützen?!
Diese Denkfigur ist erstaunlich verbreitet. Im Grundlagentext Methodologie Methodik für gesamtwirtschaftliche Modelle trage ich im letzten Abschnitt bestehende Methoden zusammen, mit denen gute gesamtwirtschatliche Modell entwickelt werden sollen. Darunter auch die Methode der reinen Theorie. Dort heißt es: Je reiner die Theorie desto weniger hat sie mit der Praxis zu tun. Verwirrt. Zeit für Entwirrung.
Ich frage mich auch, warum der Fragesteller an der Stelle nicht nachhakt. Immerhin geht es ja um die Grundlagen zur Gestaltung unserer Wirtschaft.