„Es gibt keinen Finanzsektor“

Ein Zitat von Peter Bofinger, Mitglied im Sachverständigenrat zur Begutachtung der gesamtwirtschaftlichen Entwicklung

Oktober 2015

Am Wochende habe ich mein Zeitungsarchiv durchforstet und bin dabei auf ein Interview mit Peter Bofinger (PB) in der Frankfurter Allgemeinen Sonntagszeitung (FAS) gestoßen (17. Mai 2009, Nr. 20, S. 35). Dort heißt es:

FAS: Aber Stagnation für das Jahr 2009 wird wohl nicht mehr zu erreichen sein.
PB: Stagnation?
FAS: Das haben Sie mit dem Sachverständigenrat im November vorhergesagt. Mittlerweile sprechen Ihre Kollegen eher von 6 Prozent Minus.
PB: Das war eine Fehlprognose, mit der wir nicht ganz alleine dastanden. Wir haben unser Gutachten Ende Oktober 2008 fertiggestellt. Da war dieser extreme weltweite Verfall noch nicht erkennbar.

FAS: Fehlt den Ökonomen für die Krise das theoretische Modell?
PB: Wir haben sehr ausdifferenzierte makroökonomische Modelle, sie haben nur einen Nachteil: Es gibt keinen Finanzsektor. Das finde ich bemerkenswert, insbesondere in der Europäischen Zentralbank: Auch deren kompliziertes Modell kennt keinen Finanzsektor. Man nimmt an: Jeder Mensch hat alle Informationen, die er braucht, es gibt keine Unsicherheit. Dann ist Geld irrelevant, und den Finanzsektor kann man wegignorieren, weil er perfekt rational arbeitet.
FAS: Das tut er aber in Wirklichkeit nicht.
PB: Nein natürlich nicht. Das haben wir gesehen.
 
 

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