Sammlung und Kurzbescheibung systemtheoretischer Ansätze

Es gibt eine ganze Reihe unterschiedlicher systemtheoretischer Ansätze, die sich hinsichtlich ihres Gegenstands und der verwendeten Instrumente unterscheiden.

Version: 2015.02.01


Für die Anwendung und die Diskussion systemtheoretischer Instrumente ist es hilfreich, eine Übersicht über die unterschiedlichen Ansätze zu haben. Zu diesem Zweck lege ich in diesem Beitrag eine entsprechende Sammlung an.

Kybernetische Systemtheorie versus Luhmannsche Systemtheorie

In der kybernetischen Sichtweise wird ein System durch Elemente und ihrer Beziehungen gebildet. Es interessiert die aus dieser Struktur resultierende Dynamik. Die kybernetische Sichtweise liegt den eewco-Ansatz zugrunde.

Der Systembegriff bei Luhmann ist ein anderer. Er sucht ein konstantes Merkmal, das reproduziert wird. Dieses Merkmal kennzeichnet dann ein System, das eben dieses Merkmal reproduziert. Beispielsweise könnte „Bildung“ ein solches System sein. Die spezifische Ausprägung könnte ein 3-gliedrigen Schulsystem sein. „Kommunikation“ wäre ein weiteres System im Luhmannschen Sinne.

Vestersche Sensitivitätsstudien

Die Vesterschen Sensitivitätsstudien werden eingesetzt, um wirtschaftspolitische Maßnahmen und Unternehmensstrategien zu entwickeln. Zunächst werden mögliche Einflussfaktoren gesammelt und konsolidiert. Anschließend werden die Beziehungen zwischen den Einflussgrößen taxiert und beispielsweise in ein Gewichtungsschema von 0-4 übersetzt. Auf diese Weise werden Rückkopplungsschleifen und andere wenig offensichtliche Zusammenhänge sichtbar. Es kann zudem abgeschätzt werden, welche Einflussgrößen aufgrund ihrer Stellung im dynamischen Zusammenhang überhaupt als
Politikgröße in Frage kommt.

System-Dynamics (SD)

Modelle der System-Dynamics basieren auf der Darstellung von Beständen als Aggregate und Strömen, die Änderungen dieser Bestände darstellen. Die Bestände sind Mengen gleicher Art. Der System-Dynamic-Ansatz hat deshalb eine Tendenz zur makroskopischen Perspektive. Die Entwicklung der dargestellten Bestände wird durch mathematische Funktionen beschrieben. Beispielsweise wird eine Bevölkerungsentwicklung dargestellt durch einen Bestand
der Bevölkerung und Zu- und Abgängen. Die Zu- und Abgänge werden mit Geburtenraten und Sterberaten ermittelt. Geburten-und Sterberaten können als von weiteren Faktoren beeinflusste Größe dargestellt werden.

Agent-based-Modelle

Agentenbasierte Modelle definieren eine Umwelt, in die sie eine Anzahl von einzelnen Akteuren setzen. Die Akteure werden mit einem Wahrnehmungs- und Verhaltens-
programm ausgestattet und entsprechende Reaktionsroutinen programmiert. Die Agenten agieren dann untereinander und mit ihrer Modellumwelt. Die Modelldynamik ergibt sich aus diesem Wechselspiel.

 

Literatur

zu Luhmann
Merten, R. (2005): Soziale Arbeit aus einer (erweiterten) Perspektive der Systemtheorie Niklas Luhmanns, in: Hollstein-Brinkmann, H./ Staub-Bernasconi, S.(Hrsg.), S. 35–62.
In der Anwendung der Luhmannschen Systemtheorie scheinen die Konsequenzen im Hinblick auf die modellierten Akteure noch klärungsbedürftig. Vgl. dazu Hollstein-
Brinkmann, H. (2005): S. 12.

Hollstein-Brinkmann, H.(2005) ist aus meinen Aufzeichnungen gefallen, sorry.

zu Vestersche Sensitivitätsanalyse
Ulrich, H./Probst, G. J. (1995):
Anleitung zum ganzheitlichen Denken und Handeln, Ein Brevier für Führungskräfte, 4. Aufl., Bern.

zu System Dynamics
Schieritz, N. (2008): System Dynamics und die agentenbasierte Simulation, Eine Methoden-
integration am Beispiel der Analyse von Wertschöpfungsnetzen
, Mannheim.

Das prominente Beispiel für den Einsatz der SD-Technik ist der Bericht Grenzen des Wachstums:
Meadows, D./Meadows, D./Zahn, E./Milling, P. (1973): Die Grenzen des Wachstums, Bericht des Club of Rome zur Lage der Menschheit, Reinbeck.
 

Keynes’s trade cycle – A system dynamics model
Schöne Charakterisierung der positiven Seiten des Arbeitens mit System Dynamics. Mit Hinweisen zu anderen dynamischen Ansätzen.

Für eine Diskussion der Produktionsfunktion aus systemdynamischer, „operational thinking“ Sicht im Vergleich zu einer induktiven, Daten basierten Sicht siehe:
Camilo Olaya: Models that include cows, conference paper 2012.

 

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